17.12.09

Carlos Martinez: Ungeschminkte Weisheiten


Der Mann, der auch “Meister der Stille” genannt wird, schrieb ein Buch. Und das ist leise, sensibel und wischt in Ecken der Seele, in die so schnell kein langer und ausführlicher Text hinein kommt. Ausgesprochen kurz sind die Geschichten aus der “Garderobe des Lebens“. Eine Hommage an die Garderobe selbst sind die einzelnen Szenen. Carlos Martinez findet in ihr, der Garderobe, eine Weggefährtin, an die er schlussendlich eine Liebeserklärung schreibt.

In den Räumen neben der Bühne findet er die Stille. Die Stimme verstummt nach und nach, das Gesicht findet mit der weißen Schminke zu einer neutralen Identität und die Sprache der Stille wird lebendig. Hellhörig und scharfsinnig beobachtet Martinez das Leben und skizziert mit den Händen und Füßen das Einfache, das Evangelium und die Menschenrechte. Egal wie klein eine Geste auch sein mag, er schätzt sie und verleiht ihr Bedeutung. Den Feuerwehrleuten, die am Rand der Bühne stehen und ihm applaudieren, widmet er ein Kapitel. Warum? Weil sie nur ihren Dienst tun müssten, aber teilhaben an seinem Theater. Und so verwundert es auch nicht, dass es in der Garderobe des erfahrenen Pantomimen zu außergewöhnlichen Begegnungen kommt. Ein Blinder besuchte Martinez dort. Als er erzählte, dass er das Publikum hören konnte und der Stille der Kunst lauschte, beschämte das den Künstler.

“Man muss sich der Persönlichkeit entledigen, die die Gesellschaft uns darzustellen zwingt, bis wir auf unser wahres Selbst stoßen: unverstellt, sauber, verletzlich.” Im Scheinwerferlicht, mit einem Gesicht, weiß geschminkt wie eine Leinwand, mag das gehen. Die Geschichten, die dabei entstanden sind, verzaubern. Sie umhüllen den Künstler und Autor wie Puder, den er bald mit den Händen und Augen liebkost und darin mitunter eine unsichtbare Tür darstellt, durch die es durchzugehen lohnt. Doch gehen muss jeder im Publikum selbst. Er schreibt, von allen Elementen, die seine Auftritte ausmachen, habe er auf eines am wenigsten Einfluss: Das Publikum. Denn es habe nicht geprobt. Wir Leser auch nicht. Tosenden Applaus für die Premierevorstellung der “Ungeschminkten Weisheiten”.

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