25.05.10

Bekenntnisse auf dem Kirchentag:



"Ich liebe Dich" - Die Linke.

Oft gilt der Kirchentag als Synonym für überfüllte Straßenbahnen, einem letzten Hauch von Woodstock-Feeling und Massen von Menschen, die den gleichen Schal tragen. Manche halten die fünf Tage auch für ein Künstlertreffen unter freiem Himmel, vor großem Publikum oder einfach nur am Straßenrand.

Der Kirchentag ist natürlich auch ein großer Markt an unendlich vielen Möglichkeiten. Er gilt als Jahrestreffen von Menschen unterschiedlichster Neigung und Gesinnung und: der Kirchentag ist ein politisches Bekenntnis. Nicht nur am Eröffnungsabend kommen Politikergrößen.

Vor meiner Nase spazierte Wolfgang Thierse heute von Halle A nach B. In Halle B5 sind die Stände der Parteien und Organisationen mit politischen und bürgerschaftlichen Engagement gut besucht. Allen voran die CSU, bei der im weiß-blauen Heimspiel die Mitglieder des Landtags und Bundestages im 30-Minuten-Takt in den schwarzen Ledersesseln Platz nehmen. Schlagkräftiges Motto für den Meinungsaustausch am Kirchentags-Stand ist das Zugpferdchen der alten Werte: “Christliche Werte – Kompass für die Zukunft.” Gleich nebenan verteilt der Evangelische Arbeitskreis der CDU/CSU (EAK) Bonbons und Kugelschreiber. Dem Arbeitskreis sind überwiegend evangelische Unionsmitglieder angeschlossen, die “wegen ihres Glaubens und seiner Grundlagen in den Unionsparteien einen Beitrag zu einer vor Gott und den Menschen verantworteten Politik leisten wollen.” Eine Brückenfunktion zwischen Partei, Kirche und Gesellschaft wollen sie sein und Christen zum profilierten politischen Engagement ermutigen.

Die FDP als “Liberale im Gespräch”, sucht den Dialog mit allen Kirchen und Religionsgemeinschaften. Der erste Satz auf dem Handzettel ist ein Zitat aus den “Wiesbadener Grundsätzen” beschlossen auf dem Bundesparteitag der FDP am 24. Mai 1997: Darin heißt es: “Jeder Mensch hat das Recht, seine Lebensziele zu bestimmen, nach seinem Glück zu streben, seine Chancen zu suchen, um seine Neigungen und Begabungen zu entwickeln – alleine oder in frei gewählten Gemeinschaften.” Bebildert ist der Flyer mit Westerwelle – im Gespräch mit dem Dalai Lama, mit Charlotte Knobloch, dem Abtprimas Dr. Notker Wolf und mit Axel Ayub Köhler, dem Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime in Deutschland.

Interessantes Material findet sich am Stand von Bündnis90/ Die Grünen. Auf umweltfreundlichem Papier macht der Titel “Zur Aktualität der zehn Gebote – Wegweiser für ein gelingendes Zusammenlegen” neugierig. In einer pluralistischen und verunsicherten Gesellschaft können die Zehn Gebote die Menschen an ihre Verantwortung erinnern, meint der „Landesarbeitskreis Christinnen und Christen“ darin. Und weiter: Der Mensch kann sich in den Geboten als freiheitliches Wesen wiederfinden. Hoffnung machen die Auslegungen, die vom Landesarbeitskreis zu jedem der Gebote verfasst und niedergeschrieben wurden.

Am meisten Aufsehen erregt „Die Linke“, in direkter Nachbarschaft zur Rosa Luxemburg Stiftung, der Auf-Partei und der Konrad Adenauer Stiftung. Knallrot sind die Plakate und im Schriftbild einer großen Boulevardzeitung sehr ähnlich prangen auf ihnen die Schriftzeichen “Gott und die Welt”. Raju Sharma, religionspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke grüßt solidarisch. Es könne durchaus überraschen, die Linkspartei mit einem Stand und einer inhaltlichen Veranstaltung auf dem Kirchentag anzutreffen, meint er. Die Linke will sich weder als religiöse, noch als anti-religiöse Partei verstehen. Alle Menschen sollen darin Platz finden, die für soziale Gerechtigkeit und gegen Krieg streiten wollen. Ein anderes Plakat fällt noch mehr ins Auge: “Ich liebe Dich – Die Linke”. Sehr ungewöhnlich.

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