
“Wir sind Papst” gilt nicht für alle. Hans Küng ist es nicht und Hermann Häring auch nicht. Dabei waren beide nah dran.
Der eine, Küng, ein ehemaliger Student an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils. Der andere, Häring, emeritierter Professor für Wissenschaftstheorie und Theologie. Zudem wissenschaftlicher Berater der Stiftung “Weltethos”, jenes Werk, das einst Küng initiierte und dessen Präsident er heute ist.
Küng, der mit dem bekannteren Namen, schrieb das Vorwort. Das Kleingedruckte zuerst, nicht mehr als vier Seiten. Häring übernimmt dann den Rest. Dem Inhalt nach könnte man einiges erwarten. Die grundsätzliche Verständigung mit der evangelischen Kirche stünde an. Mit den Juden ebenso. Der Dialog mit den Muslimen liege im Argen, mit den Urvölkern Lateinamerikas, den afroamerikanischen Völkern und den modernen Wissenschaften. Ja selbst mit den Katholiken klappe es nicht. Klingt, als könnte morgen schon der Weltfriede ausgerufen werden. Doch scheinbar hört für die renitenten Kritiker der Weltfriede vor den Toren des Vatikan auf.
Nicht nur das, Häring ist gar der Meinung, von hier aus würde der Friede nachhaltig gestört. An der Basis, dort, wo das Kirchenvolk lungert. Deshalb der Aufschrei der versierten Theologen. Nur, den Schlachtruf der Einheit stellt sich der besonnene Kirchgänger anders vor. Leiser, irgendwie.
Nachgeschlagen und rein gelesen vollführt Häring eine ausgeklügelte, ratzinger-scharfe Schelte. An sich ist das nichts Neues von dem Duo aus Tübingen. Doch warum ausgerechnet der Papst? Was ist dran an dem Mann aus Marktl am Inn?
Neuerliche Aufregung scheint die Pius-Frage zu sein: Wusste Papst Benedikt XVI. von den antisemitischen Äußerungen der Piusbruderschaft? Man erinnert sich an Richard Williamson. Nahm der Papst, von anderer Seite als brillanter Theologe mit salbungsvoller Gesinnung geschätzt, die Kommentare des Holocaustleugners billigend in Kauf? Oder war er schlicht miserabel informiert und muss damit sich und seinen Apparat in Frage stellen? Küng fordert den Rücktritt. Häring würde vermutlich mit unterschreiben.
Der Papst unterschreibt indessen die Enzyklika “Caritas in veritate“ (Liebe in Wahrheit). Darin wettert er gegen den Wildwuchs des Kapitalismus und appelliert an die Wirtschaft der Ethik. Die Publikation der Herren Küng und Häring sieht er, wenn überhaupt, dann vermutlich gelassen. Der Pontifex fordert mehr Einfluss für internationale Gruppen, allerdings ausschließlich auf der Grundlage des als Wahrheit angesehenen christlichen Glaubens. Und da schwelt er wieder, der Konflikt.
Auf dem Einband des Buches fällt ein Schatten auf das Gesicht des Pontifex. Verfinstern wird es sich nicht. Er ist es wirklich, er ist der Papst.
(jesus.de)
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