
Jens Böttcher gehört zweifellos zu meinen Lieblingsautoren. Mehr noch: er ist es. Genau genommen ist das so, seitdem “Steiner” (2007) die “merkwürdige Reise eines möglicherweise zurecht verrückten Gemüts auf den Weg zu einem unbekannten Ziel” antrat. Der Steiner blieb hängen. Der Böttcher auch.
Dieses Jahr im Frühjahr, eines schönen Tages im Mai, flatterte ein roter Schmetterling in meinen Postkasten. Grüner Einband, Brendow-Verlag, Jens Böttcher, Short Stories. Acht Geschichten und acht mal dieses Kribbeln im Bauch. Welche Namen erfindet Böttcher diesmal für die Protagonisten, diese allesamt missratenen Nieten? Abgedrehte Typen sind es, die alle einmal etwas werden wollten. Abgestürzt und abgehängt wurden sie vom Leben, vom Sein und vom Selbst.
Gut, der erste heißt “Herr Meier”. Immerhin gibt es da noch Daniela, die Ticket-Knipse und Rolf und Hertaschätzchen. Dann, in Short Storie Nr. 2, begegne ich Hubert Kaminski. Einem geschiedenen, arbeitslosen, deutsch-polnischen Übersetzer von Versandhauskatalogen und passionierten Werbe-Blechschilder-Sammler. Ein Schmetterling flattert in sein Leben. Kaminski beginnt sich zu freuen. Er fängt an, mit dem Schmetterling zu reden. Der Schmetterling tanzt im Wind. Und da ist es wieder: dieses Böttcher-Lese-Fieber. Worte. Er erfindet sie nicht neu. Doch so, wie eine Sinfonie aneinander gestückelt, setzen sie eine Ur-Melodie in mir frei. Erst hacken die Worte die Seelen-Kruste auf, graben tief und dreckig und blasen den Staub von den Seelen-Kanten. Dann bewässern sie die Daseins-Furchen. Mit Gottes-Erde. Gottes-Liebe. Gottes-Tank. Einfangen lässt sich das nicht. Der Schmetterling übrigens auch nicht. Es sind Wind-Texte.
Die anderen Protagonisten heißen übrigens Gebhard, Hochstätter, Hellmann und Miss Sibyll. Walter Grolle, der Vorletzte von Acht, ist ein Einsamer. Ein Unverstandener, der keinen Partner findet für seine Gedankenwelt. Abends, als er beim Einschlafen die Schafe zählt, stellt er sich vor, sie sprächen ihm Mut zu. Und würden gleichzeitig ihre gesamte Wolle abwerfen, um sein Herz über Nacht ein wenig von innen zu wärmen.
Maria, die Seelentänzerin, erlebt beim Entschlafen die Magie der Liebe ihres Lebens. Vielleicht, so nah wie den Tod, zum allerersten mal.
Lebe wohl, kleiner Schmetterling. Kommst ja doch nicht mehr wieder.
(jesus.de)
2 Kommentare:
Hallo, liebe Silke!
Gerade habe ich durch Zu-Fall Deinen Blog gelesen... den Artikel hab ich auch schon auf jesus.de wunderbar gefunden. Er spricht mir aus dem Herzen und meiner Seele, weil Jens Böttcher wirklich so wunderbare Sinfonien komponiert und schreibt. Tief aus dem Herzen und der Seele schreibt er sie und berühren genau dort den wahrnehmenden Leser/Zuhörer!
Vielen Dank für Deine Sinfonie zur Sinfonie :0)!
Alles Liebe und herzlichste Grüße von Ines - die Gärtnerin von Böttcherland
PS: Habe mir erlaubt, Deinen Blog mit meiner Seite zu verlinken... hier: Böttcherland :0)
Danke Dir - ein schönes Gärtchen hast Du angelegt! :o)
lieben Gruß,
Silke
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